Unternehmensplanung in Zeiten erhöhter Unsicherheit
In wirtschaftlich turbulenten Zeiten ist die Planung ein unabdingbares Instrument des Krisenmanagements.
Ein Expertenbeitrag von Dr. Peter Hadl, Partner und Geschäftsführer PwC Steiermark.
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ ist eine oft zitierte Redewendung, die in Zeiten wirtschaftlicher Instabilität besonders treffend erscheint. Selbst wenn klar ist, dass in unsicheren Zeiten Planungen nur selten – und wenn, dann meist durch Zufall – Punktlandungen zulassen, so ist es aus den verschiedensten Gründen erforderlich, sich mit der Zukunft eingehend zu befassen. Es gilt die Faustregel: Je größer die Unsicherheit, umso wichtiger ist die Planung.
Warum ist der Blick in die Zukunft so bedeutsam?
Die Unternehmensplanung wird oft als „unangenehme“ Hürde gesehen, die dem Unternehmen aufgebürdet wird – doch sollte darin ein wichtiges Instrument der zukünftigen Unternehmenssteuerung gesehen werden. Aus einer integrierten Unternehmensplanung (Plan-Bilanz, Plan-Gewinn und Verlustrechnung, Plan-Cashflow-Rechnung) können so etwa der Liquiditätsbedarf oder die Eigenkapitalentwicklung abgeleitet werden. Dies sind Parameter, die für unterschiedliche Anspruchsgruppen eines Unternehmens ungemein wichtig sind, wenn nicht lebensnotwendig.
Aber wie soll man nun „planen“, wenn sich von einem Tag auf den anderen alles ändern kann?
Planungsrechnungen können stets nur auf Basis von Schätzungen erfolgen. Doch auch hier gilt es, Realismus von Hoffnung zu unterscheiden und plausible Annahmen zu treffen. Demnach müssen Planungsrechnungen neben der rechnerischen Konsistenz auch auf konsistenten Planannahmen beruhen. Da eine Fortschreibung der Planannahmen der Vergangenheit oder das Fortführen von Vergangenheitszahlen in Krisenzeiten nur in Ausnahmefällen möglich sein wird, sind die Planannahmen neu zu definieren und zu validieren, nämlich über die krisenbedingten Engpässe. Bei Wirtschaftskrisen treten die Engpässe zumeist nicht über innerbetrieblichen Faktoren wie Personal oder Produktionskapazität, sondern vielmehr über externe Faktoren wie den Absatz- oder Beschaffungsmarkt in Erscheinung. Am Beschaffungsmarkt treten Begrenzungen regelmäßig durch Störungen in der Lieferkette auf (z.B. Grenzschließungen, kein Flugverkehr, Insolvenzen bei Zulieferern). Absatzseitig stellen die mangelnde Nachfrage (z.B. Luxusprodukte) oder politisch/rechtliche Restriktionen (z.B. Lockdown) das größte Hindernis dar. Die unternehmensinternen Faktoren ergeben sich daher vielmehr als Folgereaktion der Marktlage (z.B. Kurzarbeit). Wurde nun eine krisenangepasste Planung erstellt, so gilt es, diese vor dem Hintergrund der Markt- und Wettbewerbssituation zu validieren.
Wie können verschiedene denkbare Entwicklungen in der Planung dennoch abgebildet werden?
Für Prognoserechnungen stellt sich die Frage, wie unterschiedliche Entwicklungen zu werten sind. Es empfiehlt sich, nicht nur eine einzige Planungsrechnung, sondern mehrere Planszenarien zumindest auf Monatsbasis über die nächsten zwölf Monate zu erstellen und daraus eine Spannweite an möglichen Ergebnissituationen abzuleiten. Die Szenarien können anschließend mit Wahrscheinlichkeiten gewichtet und daraus kann ein Erwartungswert abgeleitet werden. Folgendes Beispiel soll die Überlegungen verdeutlichen:
- Best Case-Szenario
Es wird am Beschaffungsmarkt mit keinen Störungen in den Lieferketten gerechnet, ein wesentlicher Mitbewerber/eine wesentliche Mitbewerberin wurde aber insolvent, wodurch die Nachfrage am Absatzmarkt nicht gedeckt werden kann. Daher können die Absatzpreise voraussichtlich um 20% erhöht werden. Maßnahmen: Preiserhöhung, Strategieüberlegung zur Übernahme des Marktanteils des Konkurrenten/der Konkurrentin, Erhöhung der Beschaffungsmengen und der Working Capital-Finanzierung. - Worst Case-Szenario
Es wird am Beschaffungsmarkt mit gestörten Lieferketten gerechnet. Daher werden in den nächsten drei Monaten nur 50% der Rohmaterialien geliefert, das Lager ist bereits leer. Die Geschäftsführung rechnet daher auch mit einem Umsatzeinbruch von rund 50%. Daraus ist unschwer erkennbar, dass Deckungsbeiträge in diesen Monaten fehlen und daher Verluste eintreten werden. Maßnahmen: Strategieüberlegung zur alternativen Rohstoffbeschaffung, Überlegungen, wie Stillstände optimal genützt werden können (z.B. Vorziehung von Wartungsarbeiten, aktivierte Eigenleistungen).
Zwischen diesen Szenarien liegen regelmäßig noch zahlreiche weitere Szenarien, die in einen Erwartungswert eingehen können.
Es darf allerdings nie vergessen werden, dass der Planung auch Taten folgen müssen. Wenn nun ein Planszenario eintreten sollte, müssen die Maßnahmen auch aktiv umgesetzt werden. Die Planzahlen geben zwar Handlungen vor, aber es sind die anschließend realisierten Ist-Zahlen, die den Erfolg eines Unternehmens bestimmen, und diese sind letztendlich nur das Abbild der gesetzten Handlungen.
Warum ist das Denken in Szenarien daher zu empfehlen?
Der Sinn der szenarienbezogenen Planungsrechnung liegt nicht darin, eine Punktlandung zu erzielen, sondern vielmehr darin, in der Führungsebene ein Problembewusstsein für spezifische Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen. Damit können bei erkennbaren Fehlentwicklungen schnell die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, wenn diese bereits in den Schubladen liegen. Die Szenarienanalyse kann somit das Unerwünschte vorhersehbar machen und negative Effekte durch adäquate und rechtzeitige Handlungen abfedern.
Da die letztlich eintretenden marktbezogenen Umstände für alle Unternehmen gelten, werden die gut vorbereiteten einen klaren Wettbewerbsvorteil haben.
Dieser Expertenbeitrag wurde am 13.08.2024 aktualisiert.
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Dr. Peter Hadl
Partner & Geschäftsführer
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