So betrifft das EU-Lieferkettengesetz Unternehmen in Österreich

CSDDD

Hinter dieser etwas sperrigen Abkürzung verbirgt sich die sogenannte "Corporate Sustainability Due Diligence Directive" – auf Deutsch nicht weniger sperrig die "Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit". Dabei handelt es sich um eine Richtlinie, die in der Öffentlichkeit besser als EU-Lieferkettengesetz bekannt ist und auf EU-Ebene die Nachhaltigkeit von Unternehmen vereinheitlicht.

 

Ziel der Richtlinie ist es, negative Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeiten auf Umwelt und Menschenrechte zu vermeiden. Unternehmen werden verpflichtet, diese in der gesamten Lieferkette zu erkennen – sei es in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit oder auch jener ihrer Tochterunternehmen oder Geschäftspartner:innen – und anschließend Maßnahmen zu ihrer Abmilderung oder Beseitigung zu ergreifen.

 

Kleine Schachteln mit Symbolen von Transportmitteln

 

Das EU-Lieferkettengesetz wurde am 5. Juli 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=OJ:L_202401760  Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie in nationales Recht umsetzen und der Kommission bis zum 26. Juli 2026 die entsprechenden Texte übermitteln. Ein Jahr später gelten die Vorschriften stufenweise für die erste Gruppe von Unternehmen (mit vollständiger Anwendung am 26. Juli 2029).

 

Ausschlaggebend sind die Anzahl der Beschäftigten bzw. der Umsatz des jeweiligen Unternehmens. Für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von mehr als 900 Millionen Euro gibt es vier Jahre Zeit, für jene mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen und mehr als 450 Millionen Euro Umsatz gibt es fünf Jahre Zeit, das Gesetz umzusetzen.
Das Gesetz ist aber nicht nur für die „Großen” relevant: KMU sind als Zulieferer ebenfalls indirekt von den neuen Regelungen betroffen.

 

Was genau bedeutet Lieferkette?

Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu der Lieferung an den Endkunden/die Endkundin, und erfasst

 

  • das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
  • das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers/einer Zulieferin und
  • das Handeln eines mittelbaren Zulieferers/einer Zulieferin

 

Dazu gehört auch die Inanspruchnahme von notwendigen Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Transport oder die Zwischenlagerung von Waren.

 

Gilt das Gesetz entlang der gesamten Lieferkette?

Ja, neben dem eigenen Geschäftsbereich müssen auch Geschäftsbeziehungen und Produktionsweisen der unmittelbaren Zulieferer in den Blick genommen werden. Liegen einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern/Zulieferinnen möglich erscheinen lassen, so hat es anlassbezogen auch dort tätig zu werden.

 

Dabei gilt das Prinzip der Angemessenheit: Von Unternehmen wird nur verlangt, was ihnen angesichts ihres individuellen Kontextes − etwa ihrer Größe, der Art ihrer Geschäftstätigkeit oder ihrer Nähe zum Zulieferer/zur Zulieferin − möglich ist. Es wird von Unternehmen nicht verlangt, alle identifizierten menschenrechtlichen Herausforderungen gleichzeitig anzugehen, sondern dass sie sich zunächst auf die wesentlichen Risiken konzentrieren. Sollte es trotz aller (angemessenen) Bemühungen doch zu einer Menschenrechtsverletzung in der Lieferkette kommen, kann das Unternehmen nicht belangt werden.


Geltungsbereich der Sorgfaltspflichten

Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich, auf das Handeln eines Vertragspartners/einer Vertragspartnerin und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer/Zulieferinnen. Damit endet die Verantwortung der Unternehmen nicht länger am eigenen Werkstor, sondern besteht entlang der gesamten Lieferkette.
Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich von der Definition interner Prozesse, Durchführen einer Risikoanalyse, Definieren von Präventionsmaßnahmen und Einrichten eines Beschwerdemechanismus bis hin zur regelmäßigen Veröffentlichung eines Jahresberichts. Das Gesetz definiert zudem klare Verantwortlichkeiten und fordert Unternehmen dadurch zum Handeln auf.

 

Wie können österreichische KMU mit dieser Herausforderung umgehen?

  • Zunächst sollten größere Kund:innen identifiziert werden, die dem EU-Lieferkettengesetz direkt (oder ggf. indirekt über eigene Kund:innen ) unterliegen könnten. Bestehende Verträge sollten daraufhin geprüft werden, ob menschenrechts- und umweltbezogene Aspekte adäquat abgedeckt sind. Die proaktive Kontaktaufnahme mit wichtigen Kund:innen, um erforderlichen Änderungsbedarf möglichst reibungslos umsetzen zu können, ist ratsam.
  • Eine Due Diligence der eigenen bestehenden Lieferkette ist wesentlich. Welche Lieferant:innen sind für das eigene Unternehmen tätig? Könnte der Herstellungsprozess der bezogenen Vorprodukte Risiken in Zusammenhang mit dem Lieferkettengesetz verwirklichen (z.B. Verwendung von Quecksilber oder Textilherstellung in sogenannten „Sweat Shops“)? Wie können Verträge mit möglicherweise problematischen Zuliefer:innen rasch um menschenrechts- und umweltbezogene Standards adaptiert und erforderlichenfalls beendet werden?
  • Umfassende Dokumentation der erfolgten Maßnahmen zum Nachweis gegenüber den eigenen Kund:innen.
  • Ausarbeitung oder Ergänzung eines die Geschäftsführung und eigenen Mitarbeiter:innen bindenden Verhaltenskodex, der menschenrechts- umweltbezogene Themen umfasst.
     

Antworten auf häufige Fragen zum EU-Lieferkettengesetz finden Sie hier:

www.wko.at
www.konsumentenfragen.at

 

Dieser Artikel wurde am 15. Juli 2024 erstellt.

Fotoquelle: Shutterstock

 

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