Verpflichtender CSR Bericht für KMUs - neue EU-Richtlinie ab 2024
Für große börsennotierte Unternehmen ist sie schon Teil der verpflichtenden Berichterstattung der unternehmerischen Tätigkeit: die Offenlegung von Maßnahmen im Thema CSR (Corporate Social Responsibility) und Nachhaltigkeit. Nun weitet die EU die Berichtspflicht massiv aus: Für das Geschäftsjahr 2026 sollen nun auch börsennotierte KMUs verpflichtende Berichte (Berichterstattung in 2027) zur Tätigkeit im Nachhaltigkeitsmanagement ablegen.
Wer als Unternehmer:in in die nahe Zukunft blickt, sollte sich daher zügig dem Thema annehmen, denn wer säumig ist riskiert finanzielle Schlechterstellungen durch höhere Steuerbelastung, weniger attraktive Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu kundenseitigen Auswirkungen.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben eine verzögerte Einführung durchgesetzt und setzen ein Stufenmodell um:
- am 1. Januar 2024 für börsennotierte, große Unternehmen, die bereits der NFRD unterliegen (erste Berichterstattung 2025);
- am 1. Januar 2025 für große Unternehmen, die derzeit nicht der NFRD unterliegen, wenn 2 der 3 Kategorien erfüllt sind (erster Bericht 2026);
- Unternehmen ab 250 Mitarbeiter:innen (unabhängig von Ihrer Kapitalmarktorientierung – also nicht nur AGs sondern u.a. auch GmbHs)
- einem Umsatz größer als 50 Mio. Euro und
- einer Bilanzsumme größer 25 Mio. Euro
- am 1. Januar 2026 für börsennotierte KMU sowie für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (erster Bericht 2027) mit einer Opt-Out-Möglichkeit bis 2028 (in diesem Fall Berichterstattung 2029).
- am 1. Januar 2028 für Nicht-EU-Unternehmen (Berichtserstattung 2029), wenn
- Umsatz in der EU mehr als 150 Mio. Euro und min. eine EU-Tochtergesellschaft besteht, oder
- eine EU-Zweigniederlassung
Eine Berichterstattung auf Konzernebene entbindet weiterhin die Töchter von der eigenen Berichtspflicht. Das Tochterunternehmen muss auf den Konzernbericht verweisen. Ausgenommen davon sind große kapitalmarktorientierte Tochterunternehmen.
Die Auswirkungen: Die Zahl der verpflichteten Unternehmen in Österreich steigt ab 2025 von 90 auf rund 2.000 an (Quelle: Wiener Zeitung, Beitrag vom 2.1.2022 „EU stellt Berichte zur Nachhaltigkeit auf neue Beine“). Innerhalb der EU steigt die Anzahl der berichtspflichtigen Firmen damit von 11.000 auf 49.000.
Um welche Themen geht es?
Die Berichtspflicht umfasst ökologische, soziale und Governance-Aspekte (ESG).
Die offengelegten Informationen sollen zukunftsorientierte und rückblickende Informationen sowie qualitative und quantitative Informationen enthalten. Gegebenenfalls auch Informationen über die Wertschöpfungskette des Unternehmens, einschließlich der eigenen Geschäftstätigkeit, Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette.
Der Richtlinien-Vorschlag führt verbindliche europäische Berichtsstandards (ESRS) ein, die in der Entwicklung sind. Diese werden sich aus sektorunabhängigen, sektorspezifischen und organisationsspezifischen Standards zusammensetzen. Die fertigen Entwürfe wurden am 23. November der Europäischen Kommission übergeben.
Die geforderten Angaben sollen zukünftig im Lagebericht des Geschäftsberichts enthalten sein. Auch soll die Veröffentlichung in einem maschinenlesbaren Format erfolgen bzw. wird zukünftig ein Tagging der Nachhaltigkeitsinformationen vorgeschrieben.
Was passiert, wenn ich keine oder unvollständige Reports mache?
Die gesellschaftspolitische Verantwortung in den Themen CSR und Nachhaltigkeit steigt massiv; auch der politische Druck, durch neue Berichtspflichten, die Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen, die EU-Taxonomie und auch das Lieferkettengesetz. Außerdem gehen Sie finanzielle Risiken ein, denn die CO₂-Steuer hat bereits massive Auswirkungen und diese steigen weiter an. Darüber hinaus wird der Zugang zu günstigen, attraktiven Finanzierungen künftig schwieriger, wenn Sie Nachhaltigkeitsmanagement in Ihrem Unternehmen klein schreiben. Auch für InvestorInnen gewinnt das Thema weiter stark an Bedeutung.
Aus rechtlicher Sicht riskieren verpflichtete Unternehmen bei fehlender bzw. unvollständiger Berichterstattung eine behördliche Veröffentlichung des Verstoßes inkl. Abmahnung. Bei Wiederholung drohen Bußgelder und mögliche Klagen von Kund:innen und Investor:innen sowie ein entsprechender Image-Schaden bei Angabe von falschen Daten. Nicht zuletzt aber sollte Nachhaltigkeitsmanagement als strategischer Ansatz erkannt werden – z.B. durch das Erschließen neuer Geschäftsmöglichkeiten. Unabhängig von den in Aussicht gestellten gesetzlichen Verpflichtungen steigt damit der Druck auch auf nicht-berichtspflichtige Unternehmen an. Schon jetzt ein funktionierendes und transparentes Nachhaltigkeitsmanagement im Betrieb aufzubauen, ist daher sicher eine wichtige Investition in die nahe Zukunft.
Rechtliche Grundlagen der neuen Berichtspflicht?**
Als Basis für die Nachhaltigkeitsberichterstattung dient aktuell die Richtlinie über die Angaben nicht-finanzieller Informationen (NFRD). In Österreich ist die Richtlinie umgesetzt in § 243b Abs. 1 UGB. Die EU-Kommission hat eine Überarbeitung der NFRD in Form der zukünftig geltenden Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gestartet. Als Basis für die Offenlegung von spezifischen Leistungsindikatoren von Finanz- als auch von Nicht-Finanzunternehmen dient Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung. Der Anwendungskreis der Taxonomie-VO erstreckt sich auf den gleichen Adressatenkreis wie die aktuelle NFRD.
Die EU-Taxonomie ist eine EU-Verordnung, die Vorgaben für nachhaltige Investitionen definiert. Ihr Ziel ist es, mehr Geld in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken, um so die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Mit diesem Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten wurde das Fundament für mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft gelegt. In Art. 8 der Taxonomie-VO wird der allgemeine Rahmen zur nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflicht für die wichtigsten Leistungsindikatoren geregelt. Mit dieser neuen Reglung sind Unternehmen künftig angehalten offenzulegen, in welchem Ausmaß sie einen Beitrag zu den Umweltzielen der EU leisten.
Wie erfolgt die Beurteilung?
Bewertet wird bei Nicht-Finanzunternehmen anhand von drei Größen:
- Umsatz (Anteil des Umsatzes in Verbindung mit ökologischen nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten)
- CapEx (Anteil der Investitionen in Verbindung mit nachhaltigen Vermögenswerten oder Wirtschaftsaktivitäten)
- OpEx (Anteil der Betriebsausgaben in Verbindung mit nachhaltigen Vermögenswerten oder Wirtschaftsaktivitäten)
Wie sieht der weitere Zeitplan aus?
Der Entwurf der Trilog-Verhandlungen wurde am 10. November 2022 im Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Der Europäische Rat hat am 28. November 2022 zugestimmt und die Richtlinie ist damit angenommen. Die Richtlinie wurde am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt veröffentlicht und wird 20 Tage danach in Kraft treten. Nach ihrer Verabschiedung auf EU-Ebene muss die Richtlinie innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Weiterführende Beratung für Unternehmer:innen bietet die Wirtschaftskammer Österreich – am besten wenden Sie sich hierfür direkt an Ihre Landeskammer und die jeweilige Sparte – oder auch entsprechende Wirtschaftsberatungskanzleien.
* Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
** Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen.
Art. 8-Offenlegung: Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung des Inhalts und der Darstellung der Informationen, die von Unternehmen, die unter Artikel 19a oder Artikel 29a der Richtlinie 2013/34/EU fallen, in Bezug auf ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen sind, und durch Festlegung der Methode, anhand deren die Einhaltung dieser Offenlegungspflicht zu gewährleisten ist.
Verwendete Quellen u.a.:
Europäische Kommission / Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen
KMPG / Prüfungspflichten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Dieser Artikel wurde am 25.01.2024 aktualisiert.
Fotoquelle: Shutterstock
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