Geldanlage: Statt Rodeo-Ritt ruhig im Sattel
Widerstandskraft und belebende Impulse orteten Top-Experten trotz fragiler Weltwirtschaft anlässlich des Finanzmarkt-Forums im Oberbank Donau-Forum.
Handlungsbedarf der EZB
Als unhaltbar schätzte Martin Seiter, Vorstandsdirektor der Oberbank, den aktuellen Leitzinssatz der EZB von 4,5 Prozent bei gleichzeitig sinkender Inflation und Wirtschaftsflaute ein. Eine baldige Senkung sei allerdings nicht das alleinige Heilmittel. Nordeuropa, besonders Österreich und Deutschland, hinke im globalen Wettbewerb hinterher, während etwa die Mittelmeerländer an Produktivität stark zulegen konnten.
Aufgehellte Stimmung fördert Firmenkredite
Im zweiten Halbjahr 2024 sollte die Konjunktur aber deutlich anspringen. Dazu könnten unter anderem Reallohnzuwächse beitragen, die auch in den privaten Wohnbau fließen. Zurzeit investieren Unternehmen vermehrt in Digitalisierung, Automatisierung und erneuerbare Energien wie Photovoltaik.
Die wilden 20er Jahre
Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3-Banken-Generali Investment-Gesellschaft, blickte auf die Achterbahnfahrt der vergangenen 4 Jahre mit verschiedenen Konjunktur- Auf- und Abschwüngen, Inflations- und Zinsschock samt folgender Zinswende zurück. Während die USA mit ihrer robusten Wirtschaft und den himmelstürmenden Tech-Riesen keinen Druck auf eine Senkung der Leitzinsen verspüre, sei die Europäische Zentralbank angesichts der lahmenden Wirtschaft zu dieser Maßnahme förmlich gezwungen. Aber nicht nur die Eurozone — besonders Deutschland mit nur 0,1 Prozent Wachstum —, sondern auch China befinde sich im Hintertreffen.
Wenn man allerdings einen globalen Blick aufsetze, lasse sich eine erstaunlich widerstandsfähige Weltwirtschaft erkennen. Wögerbauer empfiehlt, den Fokus weiterhin auf die Qualität gut geführter, innovativer und produktiver Unternehmen zu legen. Außerdem gelte es, Ruhe zu bewahren und sich nicht von Euphorie oder Angst leiten zu lassen.
Wahlen befeuern die Börsen
Erich Stadlberger, Leiter des Private Banking & Asset Management der Oberbank, wies auf den meist positiven Einfluss von US-Präsidenten-Wahlen auf die Börsenkurse hin. Die USA positioniere sich weiterhin als unangefochtener Leader der Weltwirtschaft, obwohl ihre Verschuldung immens ausfalle. Der Aktienindex S & P 500 verfünffachte sich von 2004 bis 2024. Der BIP des Landes in der schwindelnden Höhe von 22,4 Billionen US-Dollar werde vor allem vom Konsum getrieben. Die Konsequenz angesichts dieser Markmacht: Anleger:innen sollten wie die Vermögensverwaltung der Oberbank in US-Aktien investiert sein.
Die Schweiz — klein, aber oho
Keynote Speaker Teodoro Cocca, Leiter der Abteilung für Asset Management der JKU, spürte in einem Vergleich zwischen der Schweiz und Österreich den Gründen nach, warum die Eidgenossen beim durchschnittlichen Nettoeinkommen und beim Vermögen die Nase vorne haben. Bei den Rankings für Wettbewerbsfähigkeit (Platz 3) und Innovation (Platz 1) zum Beispiel habe Österreich klar das Nachsehen (Platz 24 und 18). Notiz am Rande: Während die Schweizerische Nationalbank die erste Zinserhöhung bei 3 Prozent Inflation vornahm, setzte die EZB diesen Schritt erst bei 8 Prozent. Dafür senkte sie vor der EZB den Leitzins bereits im heurigen März um 0,25 auf 1,5 Prozent.
Bei Corona und der Teuerungswelle verhielt sich die Schweiz wesentlich zurückhaltender als Österreich. Während wir 18,1 Prozent des BIP zur Unterstützung ausgaben, waren es bei unseren Nachbarn nur 6,8 Prozent. Die Mehrheit der Schweizer zeigen sich bei Abstimmungen meist ablehnend gegenüber Maßnahmen, die die Wirtschaft oder Vermögende zu sehr belasten. Als Beispiel diene das Thema „Entlastung der Löhne und gerechtere Besteuerung des Kapitals“. Unser Nachbarland sei nur zu 40 Prozent verschuldet, wir zu 80 Prozent. Schweizer Universitäten seien wesentlich besser als österreichische eingestuft, das Land ist international ebenso führend bei den Arbeitsstunden pro Kopf und der Arbeitsproduktivität.
Finaler Small Talk
Die abschließende Gesprächsrunde der drei Referenten unter der Moderation von Ingrid Kawarik, stellvertretende Chefredakteurin „Der Börsianer“, sah die bevorstehende Zinssenkung übereinstimmend als positiven Impuls und belebend für das wirtschaftliche Klima. Die Oberbank-Manager ermunterten die Kund:innen, jetzt auch bei Anleihen mit einer Rendite von 4 bis 5 Prozent Rendite und einer Laufzeit von 5 bis 6 Jahren zuzugreifen, allerdings nur von großen Playern, weniger von Unternehmen aus der zweiten Reihe. Bezogen auf Länder sollten auch Japan, Großbritannien und Schweiz dem Portfolio beigemischt werden. Für eine optimale Anlagestrategie gelte nach wie vor: Beim Aufbau sich unbedingt Zeit lassen, dann aber unbedingt daran festhalten.